
Unzertrennlich
Die Performer Kattrin Deufert und Thomas Plischke haben sich eine gemeinsame Identität zugelegt. Sie sind der Künstlerzwilling deufert&plischke. Ihre Beziehung begann vor 14 Jahren so, wie viele Beziehungen beginnen: mit einer Trennung.
“Es gab viel Streit und harte Auseinandersetzungen”, erinnert sich Deufert, 42. Um etwas miteinander anzufangen, mussten sie zunächst Schluss machen – mit ihren alten Identitäten, ihren Eitelkeiten und Eifersüchteleien, ihren Künstleregos. “Wir waren sehr unfreundlich miteinander”, erinnert sich Plischke, 44. Bis dahin hatten beide ihr eigenes Ding gemacht: sie als Theaterwissenschaftlerin, die eine Doktorarbeit über John Cage schrieb und Liveradiosendungen im Bereich Neue Musik erarbeitete; er als Choreograf, der an Anne Teresa de Keersmaekers Tanzinstitut P.A.R.T.S in Brüssel studierte und eigene Stücke choreografierte. Aussichtsreiche Solokarrieren, die sie aufgaben. “Als wir uns das erste Mal trafen”, schreiben sie auf ihrer Homepage, “sagten wir ‘Hallo’ zueinander und sofort ‘Adieu’ zu denjenigen, die wir waren.”
Schon bevor sie sich kennenlernten, erzählen sie in ihrer Altbauwohnung im Berliner Wedding, hätten sie Künstlerpaare bewundert: Bernd und Hilla Becher, Jean-Marie Straub und Danièle Huillet, John Cage und Merce Cunningham. Sie müssten sich noch näher sein als normale Partner. So nah, dass sie bereit seien, ihr Künstlerego zu bändigen – und eine gemeinsame Ästhetik zu schaffen.
“Ich finde zum Beispiel Gilbert&George unwahrscheinlich toll. Und ich bin mir sicher, dass weder Gilbert noch George allein die Art von Arbeit hätten entwickeln können, die sie zusammen entwickelt haben”, sagt Plischke. Doch wie das ganz praktisch funktionieren kann: zwei Menschen – eine Ästhetik, das war ihm und seiner Partnerin, die heute gemeinsam als deufert&plischke arbeiten, ein Rätsel.
Lesen Sie den Text von TOBIAS BECKER im Kulturspiegel 9/2015